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KG Thun-Strättligen: Alle Kirchgemeinderäte treten aus Protest zurück

Eine Weiterarbeit sei «undenkbar»: Der Kirchgemeinderat Thun-Strättligen tritt daher per Ende Jahr geschlossen zurück. Nun droht die Zwangsverwaltung.

Dass der fünfköpfige Kirchgemeinderat Thun-Strättligen und die Behördenmitglieder der reformierten Gesamtkirchgemeinde Thun das Heu nicht immer auf derselben Bühne haben, ist ein offenes Geheimnis. Spätestens seit den Diskussionen um die geplante Entwidmung der Johanneskirche, die zu Thun-Strättligen gehört, war das Verhältnis zerrüttet. Das reformierte Kirchenvolk wies die Entwidmung 2018 in einer Abstimmung zurück. Der Kirchgemeinderat Thun-Strättligen hat nun die Konsequenzen gezogen.  Er tritt per Ende Jahr «in corpore» zurück. Nebst Präsident René Schenk und Vizepräsidentin Elisabeth Bregulla verlassen also auch Daniela Beutter, Peter Gosteli und Oliver Jaggi das Gremium. Die Abtretenden könnten die Leitung der grössten der fünf Thuner Einzelkirchgemeinden, welcher rund 10’000 Mitglieder angehören, nicht mehr verantworten, heisst es. Und weiter: «Das Weiterarbeiten unter den gegebenen Voraussetzungen ist für sie undenkbar geworden.»

Nicht ein einzelner Grund

Als Grund für den Rückzug werden grössere Differenzen bei diversen Themen aufgeführt – etwa bezüglich der Gemeindeleitung, der internen Strukturen, der Gebäudeentwicklungsstrategie, aber auch der verfügbaren Mittel für das Gemeindeleben. «Die Auffassungen sind zu unterschiedlich, als dass eine verträgliche Lösung in absehbarer Zeit erzielt werden könnte», steht in der Mitteilung. Zuletzt hat auch ein Mediator, welcher von den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn beigezogen wurde, nicht zur Beruhigung beitragen können.
Auf Anfrage hält Kirchgemeinderatspräsident René Schenk fest, dass er selbst den Rücktrittsentscheid schon vor einiger Zeit getroffen habe. «Diese Woche sind wir nun zum Schluss gekommen, dass es besser ist, wenn wir alle gehen», so Schenk. Ausschlaggebend sei letztlich nicht ein einzelner Grund gewesen, sondern was sich in den vergangenen Jahren kumuliert zusammengetragen habe. Ein Beispiel nennt Schenk dann doch: «Der Budgetschlüssel stimmt für uns nicht. Wir haben das bei der Gesamtkirchgemeinde x-mal deponiert und kommen einfach nicht weiter.» Nicht gänzlich unerwartet kam die Nachricht für Willy Bühler, den Präsidenten des Kleinen Kirchenrats, der Exekutive der Gesamtkirchgemeinde Thun: «Überrascht bin ich insofern, als dass jetzt einfach der Bettel hingeschmissen wurde.» Der Kleine Kirchenrat habe reglementarische Vorgaben, wie mit Finanzen und Gebäuden umgegangen werden müsse, und stets nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. «Wir haben versucht, das zu machen, was möglich war.» Soweit er sich erinnern könne, habe sich ein solch geschlossener Rücktritt in der reformierten Kirche Thuns noch nie zugetragen.

Letzte Chance am 9. November

Wie geht es nun weiter? Laut René Schenk findet in Thun-Strättligen am 9. November die nächste Kirchgemeindeversammlung statt – mit den Wahlen für die im Januar beginnende neue Legislatur. Die Hoffnung lebe, dass sich dort fünf neue Ratsmitglieder finden lassen. Andernfalls droht die Zwangsverwaltung durch den Kanton; diesbezüglich läge der Ball beim Thuner Regierungsstatthalteramt. Schenk übte sich am Freitag aber in Optimismus: «Vielleicht trägt der jetzige Schritt zu einer Lösung bei – mit neuen Leuten am Ruder, die unbelastet an die Sache herangehen können.»

Quelle: Thuner Tagblatt, 15.10.2022, Gabriel Berger