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Kirchgemeinde Aeschi will keine Antenne im Turm

Mit klarem Mehr hat die ausserordentliche Kirchgemeindeversammlung den Kirchgemeinderat von Aeschi-Krattigen aufgefordert, einen Mietvertrag mit dem Mobilfunkanbieter aufzulösen.

Yvonne Pfister benötigte viel Ruhe, Sachlichkeit und Übersicht, um das Kirchenschiff im Gegenwind sicher zu steuern. Denn zeitweise gingen die emotionalen Wogen an der von der Vizepräsidentin des Kirchgemeinderates (KGR) Aeschi-Krattigen geleiteten ausserordentlichen Kirchgemeindeversammlung (KGV) am Montagabend hoch. Soll im Turm der Kirche Aeschi eine umstrittene Mobilfunkantenne installiert werden oder nicht? Präziser: Soll der KGR von einem zu diesem Zweck bereits unterschriebenen Vertrag zurücktreten oder nicht? So beherrschte der Punkt «Auflösung Mietvertrag mit Sunrise betreffend die geplante Mobilfunkanlage in der Kirche Aeschi» den Abend. Das Traktandum füllte die Kirche Aeschi – unter Berücksichtigung der Abstände im Rahmen des Sicherheitskonzepts – praktisch bis auf den letzten Platz. 75 Stimmberechtigte kamen, um über die Vorlage zu befinden. Das Thema hatte zuvor für Feuer unter dem Dach der Kirchgemeinde gesorgt.

«Skepsis unterschätzt»

Doch alles der Reihe nach: Obschon die Abstimmung zum besagten Traktandum nur konsultativ, also für den KGR nicht bindend war, unterstrich Pfister gleich zu Beginn, der KGR werde sich nach dem Abstimmungsresultat richten. Sie betonte auch, der KGR habe sich den Entscheid nicht leicht gemacht und das «Für und Wider einer solchen Anlage sorgfältig abgewogen». Rückblick: Nach einer Anfrage im August 2018, ob der Anbieter Sunrise im Kirchturm Aeschi eine Mobilfunkantenne installieren könne, wurde die Machbarkeit eines solchen Projekts abgeklärt. Im Februar 2019 stimmte der neunköpfige KGR sodann einem Mietvertrag mit Sunrise für besagtes Projekt mehrheitlich zu. Das Baugesuch dafür lag bis am 19. März 2020 öffentlich auf. So weit alles korrekt – rein juristisch. Doch Yvonne Pfister räumt ein: «Wir haben die Skepsis in der Bevölkerung unterschätzt.» Gegen 230 Berechtigte haben mit Unterschrift Einsprache beim Regierungsstatthalteramt Frutigen-Niedersimmental eingelegt. In der Folge wurde anlässlich der KGV vom 18. Juni die ausserordentliche KGV beschlossen.

Meinungen gemacht

Vom KGR eingeladen war auch ein Vertreter von Sunrise. In einer 20-minütigen Präsentation sollte er den Sinn einer Mobilfunkanlage im Kirchturm Aeschi darlegen. Dazu kam es nicht. Die KGV lehnte die Präsentation mit einem Ordnungsantrag von 42 zu 33 Stimmen ab, weil von der Gegenseite keine Fachperson eingeladen wurde. Dieses Resultat verdeutlichte die (Ab-)Stimmungslage in der Kirche. Daran änderten auch diverse Voten – vor allem von Antennengegnern – nichts mehr. «Lasst uns abstimmen, die Meinungen sind gemacht.» Der Zwischenruf aus dem Plenum brachte es auf den Punkt. Der Antrag, den Mietvertrag zwischen der Kirchgemeinde und dem Mobilfunkanbieter ersatzlos aufzulösen, wurde schliesslich mit 47 zu 27 Stimmen klar angenommen. Damit ist die Angelegenheit indessen nicht erledigt. Denn der Mobilfunkanbieter hat klar signalisiert, er werde am Vertrag festhalten.

Begleitgruppe zusammensetzen


Juristische Gegebenheiten, Verhandlungspositionen, mögliche Kostenfolgen – all dies gilt es jetzt abzuklären. Hierzu will der KGR nun eine Begleitgruppe aus der Kirchgemeinde zusammensetzen. «Wer Interesse hat, sich dafür einzusetzen, soll sich bitte melden», sagte Yvonne Pfister zum Abschluss dieses Traktandums. In der Pflicht hierzu sieht sie nun vor allem die Gegner einer Antenne im Turm. Sicher ist: Auf dem Weg zum Ziel eines antennenfreien Kirchturms in Aeschi wird die Kirchgemeinde noch einige Klippen umschiffen und emotionale Wogen glätten müssen.

Quelle: Thuner Tagblatt, 19.08.2020