Endlich wieder auf einer Bühne stehen! Nicht auf einer virtuellen, sondern einer richtigen, wo die Musikerinnen und Musiker Kontakt mit dem Publikum haben! Das Ehepaar Mirjana Reinhard (Cello) und Yuka Oechslin (Piano) verspürt bereits jene Spannung und Vorfreude, die zu einem Auftritt gehören. Bereits im Januar wollten wir in der Kirche Blumenstein ein Konzert für unsere Gönnerinnen und Gönner spielen», erinnert sich Reinhard.«Aber drei Stunden vor Beginn erhielt ich ein positives Corona-Testergebnis, worauf wir das Konzert absagen mussten.» Doch am Sonntag, 24. April, um 17 Uhr, steht dem Relaunch der Jahreszeitenkonzerte nichts mehr im Weg. Neben Reinhard und Oechslin werden die Sopranistin Anna Gschwend und der Bratschist Lech Antonio Uszynski auf der Kammermusikbühne der Kirche Blumenstein stehen. Letzterem kommt dabei eine besondere Bedeutung zu: Sein Instrument war auch das Instrument der britischen Komponistin Rebecca Clarke (1833–1906), deren Werke im Zentrum der Jahreszeitenkonzerte 2022/23 stehen. Clarke gilt heute als eine der wichtigsten Komponistinnen ihres Landes in der Zwischenkriegszeit – und hat einen relativ niedrigen Bekanntheitsgrad.
«Lange Zeit kannte ich nur ihre Bratschensonate, die ich früher zusammen mit meinem Bruder spielte», sagt Yuka Oechslin. «Doch in den vergangenen Monaten hatten Mirjana und ich genügend Zeit, um uns mit Clarkes Werk auseinanderzusetzen, und entschieden uns schliesslich, den Fokus auf sie zu legen.» Dass es sich um eine Frau handelt, sei ebenfalls ein wichtiger Aspekt gewesen: «Denn eigentlich spielen wir viel zu wenig Literatur von Frauen.» Speziell an Clarkes Kompositionen sind laut Oechslin die verschiedenen Einflüsse: impressionistische von Claude Debussy, romantische von Johannes Brahms und folkloristische aus dem englischen Liedgut. «Clarkes Musik ist sehr zugänglich», sagt Mirjana Reinhard, «und dies sowohl für das Publikum als auch für die Künstler.» An den Jahreszeitenkonzerten werden nicht nur Werke der Britin zu hören sein. Auch Kompositionen von Johannes Brahms, Joseph Haydn, Béla Bartók, Maurice Ravel, Claude Debussy, Sergei Rachmaninow und vielen anderen werden zur Aufführung gebracht.
Wie eine Beziehungspause
Das Ehepaar Reinhard/Oechslin wird am kommenden Sonntag trotz der Spannung gelöst vor die Liebhaberinnen und Liebhaber der Kammermusik treten. Denn beide sind sich einig, dass ihnen die Pause gutgetan hat und sie wieder richtig durchatmen konnten. Da sie beide unterrichten und auch gestreamte Auftritte hatten, war es beileibe keine Pause von der Musik. «Aber wir hatten nicht den Druck, Proben und Konzerte zu organisieren und uns gleichzeitig Gedanken über den nächsten Jahreszeiten-Zyklus machen zu müssen», drückt es Mirjana Reinhard aus. «Es war wie eine wohltuende Beziehungspause. Wenn sie vorüber ist, empfindet man die Liebe – in unserem Fall zur Musik – plötzlich frischer und viel tiefer», beschreibt Oechslin seine Empfindungen. Auch mit einem Gefühl der Dankbarkeit steigt das Ehepaar in die neuen Jahreszeitenkonzerte: für die Unterstützung durch Gemeinde und Sponsoren, die ihre Auftritte überhaupt erst möglich machen, und auch für ihr privates Glück. Denn während der Pandemie kam ihr dritter Sohn zur Welt.
Frühlingskonzert am Sonntag, 24. April, um 17 Uhr, in der Kirche Blumenstein. Weitere Konzertdaten & Infos: 21. August 2022, 23. Oktober 2022 und 22. Januar 2023. www.jahreszeiten-konzerte.ch
Quelle: Thuner Tagblatt, 20.04.2022, Marc Imboden
