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Caritas: Corona-Krise verschärft die Armut in der Schweiz

Bereits vor der Corona-Krise waren in der Schweiz 660'000 Menschen von Armut betroffen. Die Krise hat die Armutssituation in der Schweiz weiter verschärft. Als Antwort darauf engagiert sich die Caritas mit der grössten Hilfsaktion in ihrer Geschichte für die Schweizer Bevölkerung.

In Krisensituationen geraten die Schwächsten einer Gesellschaft am stärksten unter die Räder. Das ist auch in der aktuellen Corona-Krise der Fall. Der Grossteil der Haushalte, denen die Caritas geholfen hat, befand sich bereits vor der Corona-Krise in schwierigen finanziellen Verhältnissen. Viele der Betroffenen waren Familien mit minderjährigen Kindern, überdurchschnittlich häufig auch Alleinerziehende. In der Westschweiz war zudem augenscheinlich, dass die vielen arbeitenden Sans-Papiers in Krisensituationen ohne jegliche soziale Sicherheit dastehen. Grund für die akuten finanziellen Probleme waren in den meisten Fällen Lohneinbussen aufgrund der Corona-Krise. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit bedeuten trotz ALV und EO einen grossen Einkommensverlust. Hinzu kommen die für viele Familien immer stärker notwendigen Nebenjobs um über die Runden zu kommen, und diese wurden in der Corona-Krise als erstes gestrichen.

Die grösste Hilfsaktion der Caritas für über 100'000 Menschen in der Schweiz

Bei der Caritas sind die Anfragen von Menschen in Not seit Beginn der Corona-Krise sprunghaft angestiegen. Trotz diverser Hilfspakete von Bund und Kantonen gibt es eine grosse Gruppe von Betroffenen, die seit Beginn der Corona-Krise in Notlagen geraten und auf Unterstützung angewiesen sind. Caritas Schweiz und die 16 Regionalen Caritas-Organisationen unterstützten bisher rund 14'000 in Not geratene Personen mit finanzieller Direkthilfe, damit sie ihre Mieten, Krankenkassenrechnungen und sonstigen Ausgaben decken konnten. In deren Sozialberatungen konnte über die vergangenen Monate eine Verdoppelung der Beratungen festgestellt werden. Über 10'000 Personen wurden beratend unterstützt, auf weitere Angebote aufmerksam gemacht und an die richtige Stelle weiterverwiesen.

Ergänzend zur Direkthilfe und Sozialberatung reagiert Caritas mit regional ausgerichteten Projekten auf die spezifischen Bedürfnisse der Menschen, die infolge der Corona-Krise in Not geraten sind. Von diesen Angeboten profitieren rund 78'000 Menschen. Um armutsbetroffene Menschen im täglichen Bedarf ihrer Lebensmittel zu unterstützen, verteilten die Caritas-Märkte 31'000 Einkaufsgutscheine. Generell konnte dank der Unterstützung von Lieferanten und Spendern die Preise, über das gesamte Sortiment gesehen, rund 5 Prozent gesenkt werden. An Kundinnen und Kunden verteilte Caritas seit Beginn der Maskenpflicht eine halbe Million Masken, da diese in vielen Regionen seitens der Behörden nicht abgegeben wurden. Die gesamte Hilfe der Caritas beläuft sich bis anhin auf 12,2 Millionen Franken, davon stammen bisher 9,7 Millionen Franken aus der namhaften Unterstützung der Glückskette. Je nach Dauer der Krise ist zu befürchten, dass die Mittel nicht ausreichen werden.

Die Caritas fordert stärkere Massnahmen für Armutsbetroffene seitens Bund und Kantone

Die bedeutendste Erkenntnis aus dem bisherigen Unterstützungsprogramm der Caritas ist, dass Corona viele Menschen in die Armut drängt, ohne dass sie etwas dagegen tun können. Dazu gehören Menschen, die ihren Zuverdienst verloren haben, die keinen geregelten Aufenthaltsstatus haben oder die durch den Einkommenseinbruch unter die Existenzgrenze fallen. Die Alltagserfahrung der Caritas mit betroffenen Menschen macht Lücken in der sozialen Sicherheit sichtbar. Die allgemeine Vorstellung, dass die Sozialhilfe als unterstes soziales Netz dieses Problem lösen kann und soll, greift zu kurz. Viele Menschen, die unter das Existenzniveau geraten, machen Schulden, die Spannungen in den Familien wachsen an und die Ausgrenzung schreitet rasch voran.

Die Forderungen der Caritas:
• Haushalte und Einzelpersonen, deren Einkommen unter dem Niveau liegt, das zu Ergänzungsleistungen berechtigt, sollen zielgerichtet und unbürokratisch Direktzahlungen erhalten.
• Für Menschen in prekären Situationen, die auf Kurzarbeit gesetzt werden, fordert Caritas 100 Prozent Kurzarbeitsentschädigung.
• Die Mittel für die Prämienverbilligung müssen deutlich erhöht werden, während der nächsten zwei Jahre um mindestens 50 Prozent.
• Alle in der Schweiz Lebenden und Arbeitenden in finanziellen Notsituationen müssen staatlich unterstützt werden. Wir fordern eine Entkoppelung von Sozialhilfebezug und Aufenthaltsbewilligung. Auch die Existenz von Sans-Papiers muss gesichert werden.

Quelle: Caritas-Mediencommuniqué, 30.11.2020