headerbild
Logo RefBeJuSo

Landeskirchengesetz: «Hier wird Misstrauen gegen die Pfarrer geschürt»

Mit Inkrafttreten des neuen Landeskirchengesetzes in zwei Jahren werden Berner Pfarrerinnen und Pfarrer zu Angestellten der Kirche. Bei ihrer Wahl in die Synode müsse man ihnen deshalb besonders genau auf die Finger schauen, warnt der Kirchgemeindeverband. Dies wiederum verärgert den Präsidenten des Berner Pfarrvereins Michael Graf.

Ab 2020 werden die Berner Pfarrerinnen und Pfarrer nicht mehr beim Kanton angestellt sein, sondern bei der Landeskirche. Grund genug für den Kirchgemeindeverband, die Kirchgemeinden vor möglichen Interessenskonflikten zu warnen. Wie die Zeitung Der Bund in ihrer Ausgabe vom 9. Februar berichtete, empfahl der Kirchgemeindeverband den Gemeinden in einem Brief vom 1. Februar, bei der Wahl der Pfarrer in die Synode künftig Vorsicht walten zu lassen. Der Einsitz von Angestellten der Landeskirche im Kirchenparlament werfe Fragen im Hinblick auf die Interessenvertretung auf, heisst es in dem Schreiben. Nicht informiert über den Brief wurde der Berner Pfarrverein – und damit die angesprochenen Pfarrerinnen und Pfarrer. In einem Schreiben vom 7. Februar informierte der Pfarrverein nun seine Mitglieder über das Vorgehen des Kirchgemeindeverbands. Dessen Alleingang habe vor allem Schaden angerichtet, ist auch der Präsident des Pfarrvereins, Michael Graf, überzeugt.


Michael Graf, in Ihrem Schreiben an die Mitglieder des Pfarrvereins unterstellen Sie dem Kirchgemeindeverband (KGV), er schüre Misstrauen gegen Pfarrerinnen und Pfarrer. Ist das nicht ein bisschen hart?
Nein, das ist offensichtlich. Der KGV-Vorstand hat hinter dem Rücken von Kirchendirektion, Synodalrat und Pfarrverein den Verdacht in den Raum gestellt, Pfarrerinnen könnten ab Herbst 2018 die Kirchgemeinden weniger loyal vertreten als in den letzten hundert Jahren. Das ist inhaltlich absurd und vom Vorgehen her nicht gerade mutig.

Weiter kritisieren Sie, das Schreiben des KGV stelle Pfarrerinnen und Pfarrer unter Generalverdacht. Was ist damit gemeint?
In seinem Schreiben fordert der KGV kaum verhüllt die Berner Kirchgemeinden dazu auf, bei der Nominierung von Pfarrern als Synodale Vorsicht walten zu lassen. Man muss kein Exeget sein, um die Botschaft zu verstehen. Sie lautet: Passt auf mit diesen Pfarrern. Es ist zwar legitim, wenn man der Meinung ist, es gebe zu viele Pfarrer in der Synode. Aber dann soll man den offenen, demokratischen Weg gehen.

Konkret geht es dem KGV um die Frage, ob eine Anstellung bei der Landeskirche mit einem Sitz in der Synode vereinbar ist. Was sagen Sie zur Behauptung, es könne dabei zu Interessenskonflikten kommen?
Ich halte es für völlig abwegig, von Interessenskonflikten zu sprechen. Es ist ja nicht so, dass die Synode die oberste Personalverantwortung hat. Die liegt wie überall beim Synodalrat und der Verwaltung. Die Synode hat lediglich die Aufgabe, das Personalreglement zu verabschieden. Im Kanton Bern ist zudem in der Kirchenverfassung festgeschrieben, dass Pfarrer in die Synode wählbar sind. Und schliesslich: In allen anderen Landeskirchen sind die Pfarrer als Angestellte ebenfalls in der Synode vertreten.

Haben Sie eine Erklärung für die Vorgehensweise des KGV?
Es ist mir immer noch schleierhaft, was damit bezweckt werden soll, ausser Pfarrerinnen zu schaden. Der KGV-Vorstand war ja schon immer recht monothematisch auf die Verteidigung der Autonomie der Kirchgemeinden fixiert. Möglich, dass man jetzt im Hinblick auf 2020 eine diffuse Angst verspürt, diese Autonomie könnte eingeschränkt werden. Nur eben: man schiesst auf die Falschen. Die politischen Weichen werden nicht von den Pfarrern gestellt, sondern vom Synodalrat und der Verwaltung.

Gab es von Seiten der Mitglieder des Pfarrvereins, also der Pfarrerinnen und Pfarrer, Reaktionen auf Ihr Schreiben?

Alle waren froh, dass sie jemand informiert hat. Bei uns sind etwa 30 Pfarrerinnen und Pfarrer, die für die nächste Legislatur kandidieren. Sie alle wussten nichts vom heimlichen Vorgehen des KGV-Vorstands.

Quelle: www.ref.ch, 9. Februar 2018, Heimito Nollé