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Frutigen: Brand in Kirche – 55-Jährige freigesprochen

Sie hat im Februar 2017 in der katholischen Kirche in Frutigen ein Feuer gelegt. Am 30. Oktober stand die 55-Jährige in Thun vor Gericht.

Mit einem Freispruch ist am Dienstag, 30. Oktober 2018, ein Prozess gegen eine Frau zu Ende gegangen, die ein Feuer in einer Kirche in Frutigen gelegt hatte. Laut Regionalgericht in Thun konnte ihr der Vorsatz der Brandstiftung nicht nachgewiesen werden. Ein anderer Anklagepunkt lag nicht vor, wie Gerichtspräsident Jürg Santschi feststellte. Möglich wäre sonst ein Schuldspruch wegen Sachbeschädigung gewesen. Staatsanwalt Matthias Wiedmer liess auf Anfrage offen, ob er das Urteil weiterzieht.

Der Vorfall geht auf den 3. Februar 2017 zurück. Die Frau hatte an jenem Freitagmittag die katholische Kirche St. Mauritius in Frutigen aufgesucht. Sie stellte eine Papiertasche mit persönlichen Dokumenten auf die vorderste Holzsitzbank und entzündete die Tasche mit einer Opferkerze. Nach einigen Minuten suchte sie das Weite. Der Schwelbrand wurde Stunden später entdeckt. Der Sachschaden durch Rauch an Kirchenbank, Boden und Wänden belief sich auf 17'073 Franken. Die Frau wurde kurz nach kurzer Zeit in ihrer Wohnung im Dorf gefasst und legte ein Geständnis ab. Die Polizei war ihr rasch auf die Spur gekommen, weil sie Name und Adresse auf Brandresten entdeckte. Vor dem Gericht in Thun bezeichnete die Frau die Tat als Hilfeschrei wegen ihrer persönlichen Probleme. Ausserdem beruhige sie der Anblick von Feuer. Sie bereue die Tat, könne aber eine Wiederholung nicht ausschliessen. Feuer gelegt hat die Frau schon öfters, auch «um Abfallgebühren zu sparen». Verurteilt wurde sie nie.

Einsam und isoliert

Die Frau hat es nicht einfach im Leben. Gemäss Gutachten leidet sie an einer paranoiden Schizophrenie. Laut Verteidigung wohnte sie zur Tatzeit einsam und isoliert in einem Studio in Frutigen, wo ihr der Kinderlärm im Haus schwer zusetzte. Mittlerweile lebt sie in einer Berner Wohngemeinschaft für Menschen mit psychischen Störungen. Die Staatsanwaltschaft forderte eine zehnmonatige unbedingte Freiheitsstrafe; die Frau habe es zumindest in Kauf genommen, eine Feuersbrunst zu verursachen. Die Strafe solle aber zugunsten einer stationären Massnahme aufgeschoben werden, denn die stark rückfallgefährdete Frau brauche in der Tat Hilfe.

Keine Brandstiftung


Anders sah es die amtliche Verteidigerin, sie verlangte einen Freispruch. Von Brandstiftung könne keine Rede sein. Zu diesem Schluss kam auch Gerichtspräsident Jürg Santschi. Die Frau habe einfach die Papiertasche mitsamt Inhalt verbrennen wollen - dass sie sich Gedanken gemacht hätte, was sie damit alles auslösen könnte, sei nicht nachweisbar. Deshalb erfolge der Freispruch vom Vorwurf der Brandstiftung, und eine Anklage wegen Sachbeschädigung liege ja nicht vor. Der Richter wies auch darauf hin, dass die Gefahr einer Feuersbrunst angesichts der näheren Umstände klein gewesen sei. Nichtsdestotrotz wäre zwar eine Massnahme angezeigt, räumte Santschi ein. Aber anordnen könne er sie angesichts des Freispruchs nicht.

Quelle: Berner Zeitung, 30.10.2018