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Caritas: Armut in der Schweiz bleibt hoch

Die Armut in der Schweiz steigt an und erreicht mit 745'000 Menschen einen neuen Höchststand, wie das Bundesamt für Statistik mitteilt. Die Caritas ist beunruhigt über diese Entwicklung. Sie fordert Bund, Kantone und Gemeinden auf, die Menschen nicht allein zu lassen und gegen Armut vorzugehen.

745'000 Menschen waren im Jahr 2021 in der Schweiz von Armut betroffen, darunter 134'000 Kinder. Der Anteil der von Armut betroffenen Personen ist gegenüber dem Vorjahr angestiegen und erreicht einen neuen Höchststand. Fast ein Fünftel der Menschen in der Schweiz können für eine unerwartete Ausgabe von 2'500 Franken, wie etwa eine Zahnarztrechnung, nicht aufkommen. Nach wie vor auf hohem Niveau ist mit 157'000 Personen die Zahl der erwerbstätigen Armutsbetroffenen, die auch als Working Poor bezeichnet werden. Mitbetroffen sind auch Kinder und nichterwerbstätige Familienmitglieder im gleichen Haushalt. Insgesamt beträgt die Anzahl der Personen, die trotz eines Erwerbseinkommens im Haushalt arm sind, 305'000. «Diese Zahlen sind bedenklich, ist doch die Armut in der Schweiz schon seit 2014 kontinuierlich angestiegen», sagt Andreas Lustenberger, Leiter des Bereichs Grundlagen und Politik bei Caritas Schweiz. Trotz einer guten gesamtwirtschaftlichen Lage ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, diesen Trend zu brechen und die Armut in der Schweiz zu reduzieren. Als Folge der Pandemie und durch die aktuelle Lebenskostenteuerung, die stark steigenden Krankenkassenprämien und Mietkosten geraten zurzeit noch mehr Menschen in finanzielle Notlagen.

Zahl der Hilfesuchenden nimmt zu

Immer mehr Menschen richten sich hilfesuchend an die Caritas. So ist die Nachfrage nach vergünstigten Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs gewachsen. In den 22 Caritas-Märkten sind im ersten Quartal fast 40 Prozent mehr Einkäufe als im Vorjahr zu verzeichnen, nachdem bereits 2022 ein Rekordjahr war. In einigen Regionen übersteigt die Nachfrage nach Sozial- und Schuldenberatung die Kapazität der Caritas. Auch finanzielle Einzelfallhilfe bei Notlagen wird häufiger in Anspruch genommen. Grosse Sorgen bereiten den Menschen die in diesen und kommenden Wochen eintreffenden Nebenkostenrechnungen für das Jahr 2022, die viele knapp bemessene Haushaltsbudgets zu sprengen drohen.

Die Politik ist gefordert

Die Caritas fordert Bund, Kantone und Gemeinden auf, die Menschen nicht allein zu lassen und gezielt gegen Armut vorzugehen. «Wir fordern geeignete Massnahmen gegen die aktuelle Teuerung und Preisanstiege. Insbesondere müssen die Prämienverbilligungen für die Krankenkassen dringend ausgebaut werden», sagt Andreas Lustenberger. Für Notlagen braucht es individuelle Unterstützungsbeiträge. Erforderlich sind aber auch längerfristig ausgerichtete Massnahmen, um die strukturellen Ursachen der Armut zu bekämpfen, wie die Caritas in ihrem Appell für eine Schweiz ohne Armut aufgezeigt hat. Dazu zählen existenzsichernde Löhne, kostengünstige externe Kinderbetreuung und mehr bezahlbarer Wohnraum. «Armut ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, welches mehrere Politikfelder betrifft und auf allen Ebenen angegangen werden muss», so Lustenberger. Caritas Schweiz fordert deshalb eine nationale Armutsstrategie.

Quelle: Caritas-Mediencommuniqué, 02.05.2023